"Trauer um eine leidenschaftliche Opernsängerin"

"Hildegard Behrens: Gipfelstürmerin- Der Tagesspiel
Die beste Leonore aller Zeiten - Abendzeitung
Eine Hohepriesterin des Gesangs"- Badische Zeitung

"Zufall, dass man sie in der Theaterwelt ehrfurchtsvoll als “Duse der Oper” titulierte" - Volksfreund.de

GERMANY & AUSTRIA

Selbstaufgabe für die Kunst [Self-sacrifice for ART]

von Klaus Geitel
20. August 2009, 04:00 Uhr

Erinnerungen an die große Sängerin Hildegard Behrens, die bei einem Gastspiel in Japan verstorben ist

Damit hatte keiner rechnen können, sie selbst wahrscheinlich am wenigsten: Hildegard Behrens, die hochdramatische Sängerin, die mit ihrer schlanken Sing- und Darstellungsintensität die Bühnen der Welt beherrschte, ist, nur 72 Jahre alt, überraschend in Japan gestorben. Hinein in die Unsterblichkeit. Man wird ihre flammende Interpretationslust, ihre Gier nach Selbstaufgabe im Dienst an der Kunst, der Musik und an ihrem Publikum nicht vergessen.

Deutschland hat immer große Sänger besessen. Dass man hierzulande Hildegard Behrens’ Einzigartigkeit anfangs nicht so deutlich wahrnahm, wie sie es verdient gehabt hätte, lag wahrscheinlich an der unseligen Zweiteilung des Landes. Sie legte es der Behrens nahe, ihren Erfolg mit Auftritten in aller Welt zu erkämpfen. Sie war anfangs erstaunlicherweise berühmter jenseits der deutschen Grenzen. Es mangelte überdies nicht an Rivalinnen, gegen die sie sich durchsetzen musste. Hildegard Behrens besaß offensichtlich nicht einzig Stimme, sondern auch Ellbogen. Nicht alle Karrieren schaukeln sich bekanntlich widerspruchslos hoch. Die Behrens wurde belauert. Schließlich sang sie im hochdramatischen Fach.

Dabei war sie als Sängerin buchstäblich eine Spätstarterin. Aufgewachsen in Varel als jüngstes von sechs Kindern in einer Medizinerfamilie, besuchte sie im beschaulichen Oldenburg die Schule, um schließlich in Freiburg im Breisgau zunächst Rechtswissenschaften zu studierten. Gerne wäre sie auch Innenarchitektin geworden, sagte sie später - Hauptsache hinaus in die Welt. Der Weg führte sie schließlich ins Gesangsstudium an der Musikhochschule. 1971 wechselte sie ins Opernstudio der Deutschen Oper am Rhein und wurde bald schon Ensemblemitglied. Die Agathe aus Webers “Freischütz” war ihre erste international wahrgenommene Partie.

Und dort am Rhein, während der Proben zu Alban Bergs “Wozzeck”, hat sie 1974 der Dirigent Herbert von Karajan für sich entdeckt. Unter seiner Leitung sang sie in den Siebzigerjahren die Titelpartie in Strauss’ “Salome” bei den Salzburger Festspielen, was international für Furore sorgte. In ihren Glanzrollen von Wagner und Strauss gastierte sie alsbald an der Metropolitan Opera in New York, der Covent Garden Opera London, der Wiener Staatsoper und bei den Bayreuther Festspielen.

Ich habe sie oft und stets mit Bewunderung gehört. Kennen gelernt habe ich sie überraschenderweise in New York, wo sie 1976 an der Metropolitan Opera die Georgetta in Puccinis “Il tabarro” sang, nicht gerade eine Partie, um die man sich reißt und auf die man eine stabile Karriere hätte aufbauen können. Doch darum ging es zweifellos ihrem Impresario.

Er schickte sie, die hochattraktive Sängerin, den künftigen Weltstar, mir geradezu ins Haus, in diesem Fall ein kleines Café-Restaurant, und wir sprachen dort miteinander, wie es sich gehört: über ihre Vergangenheit und Zukunft. Sie war ehrgeizig, das war nicht zu überhören. Und sie war es mit vollem Recht.

Als ich sie ein weiteres Mal traf, war sie schon in Bayreuth eingemeindet, und ich zeichnete voller Gott- und Starvertrauen ein Fernsehinterview mit ihr auf. Ihre Managerin hatte dafür, wie es die Karrieren so mit sich bringen, ein angemessen saftiges Honorar für sie ausgehandelt. Wir gingen in den kleinen, dem Festspielhaus benachbarten Park und suchten uns eine kleine Steinbank für die Unterhaltung aus, stabil genug, nicht unter meinen Fragen (oder gar ihren Antworten) zusammenzubrechen. Es lief alles sehr freundschaftlich, wenn fernsehtechnisch auch höchst unbefriedigend ab.

Behrens war es noch nicht gewohnt, die Kamera ebenso zu beherrschen wie die Bühne. Immer wieder sagte sie auf meine Fragen anerkennend: “Sehr interessant. Da muss ich erst einmal überlegen” und wedelte dabei mit dem Kopf immerfort unaufhörlich von links nach rechts und wieder zurück. Es war unmöglich, einen einzigen Schnitt zu setzen. Es blieb nur die Wahl, den Film ungeschnitten zu senden - oder überhaupt nicht. Er lief natürlich dennoch. Behrens war schließlich Behrens. Und sie war grandios.

Bevor ich die inzwischen weltberühmte Behrens ein drittes Mal traf, erhielt ich einen anderen weltberühmten Anruf. Herbert von Karajan war es, der mir gestand, es wäre ihm unerträglich, eine “Salome”-Sängerin von höchster Professionalität mit geringerer Professionalität tanzen zu sehen. Es wäre schon schwierig genug, eine waschechte “Salome”-Interpretin zu finden. Ich solle, ja, ich müsse eine Tänzerin für ihn finden.

Ich fand sie in Heidrun Schwaarz, die Karajan so gut gefiel, dass er sie vier Jahre später für die Kinderballett-Arrangements in Verdis “Falstaff” als Choreografin abermals engagierte. Das alles kam für Hildegard Behrens geradezu einem Tiefschlag gleich. Sie hat ihn nie vergessen - und nie verziehen. Gegen Karajans Willen aber kam keiner an.

Gegen das Publikum aber auch nicht. Es hatte sich weltweit von dem Sendebewusstsein, der Sing- und Darstellungsenergie der Behrens faszinieren lassen. Sie eroberte sich die Riesenpartien Wagners, ihre Bühnenpräsenz prädestinierte sie geradezu zur Janacek-Interpretin par excellence, dieser gebrochenen, schuldgeplagten Charaktere, die sie aufs Kunstvollste zu interpretieren, mehr noch: lebendig zu machen verstand. Als Lyrikerin geboren, ebnete sie sich den Weg zu den großen Partien: Sie sang Brünnhilde und Isolde. Sie war Richard Straussens “Elektra”. Sie war die Marie in Alban Bergs “Wozzeck”. Sie starb unzählige Male den Bühnentod und wurde mit Dankbarkeit immer wieder vor dem Vorhang ins Leben zurückgerufen. Damit ist es nun traurigerweise vorbei. So erschütternd ernst, wie sie das Sterben auf der Bühne dargestellt hatte, so erlag sie in Japan jetzt ihrem Tode. Ursprünglich wollte die für ihre Wagner-Interpretationen im Kennerland Japan hoch geschätzte Sopranistin heute einen Workshop beim Internationalen Musikfestival von Kusatsu leitet. Bereits am Dienstag ist sie in einem Krankenhaus in Tokio an einer Gefäßkrankheit verstorben. Man wird ihrer mit nie erlöschender Bewunderung und Dankbarkeit gedenken. Was will eine Künstlerin ihres Kalibers mehr?

http://www.welt.de/die-welt/kultur/article4358708/Selbstaufgabe-fuer-die-Kunst.html

 

Hildegard Behrens: Gipfelstürmerin

[Hildegard Behrens: She Conquered the Highest Peaks] Gepackt von der Macht der Musik: Zum Tod der Sopranistin Hildegard Behrens.

Sie wollte weg, unbedingt, weg von der Großfamilie, weg aus Varel in Friesland. Und weil ihr nichts besseres einfiel, schrieb sich Hildegard Behrens für ein Jura-Studium ein, in Freiburg, ganz am anderen Ende der Republik. Bereits in ihrem ersten Semester aber trat sie dort in den Bach-Chor ein – und wurde gepackt von der Macht der Musik. Bei den Rechtswissenschaftlern sah man sie fortan nur noch so oft wie nötig, an der Musikhochschule so oft wie möglich. Kaum hatte die 26-Jährige das Erste Staatsexamen in der Tasche, startete sie ihr zweites, echtes Leben, in der Gesangsklasse von Ines Leuwen.

Dann geht alles ganz schnell: Erstes Engagement 1973 in Düsseldorf, dort kommt zufällig Herbert von Karajan in eine Probe, nimmt sie sofort als „Salome“ unter Vertrag, für die Salzburger Festspiele 1977 einschließlich Schallplattenaufnahme. Ein Riesenerfolg. Bald treffen Einladungen von der New Yorker Met, aus Paris, Zürich und München ein. 1983 dann das Debüt in Bayreuth, als Brünnhilde in Peter Halls naturalistischem „Ring“, im ersten Jahr unter George Solti, dann unter Peter Schneider. Das Publikum ist hingerissen von Hildegard Behrens’ schauspielerischer Intensität, ihrer Bühnenpräsenz. Nur die Stimm-Puristen wenden sich mit Grausen, bemängeln Register-Brüche, schlechte Textverständlichkeit, sprechen von „beträchtlichen vokalen Grenzen“ (Jürgen Kesting).

„Ich finde jeden Ton schön, der wahrhaftig ist, ganz egal, ob er schön klingt oder nicht“, verteidigt die Sopranistin ihren hemmungslosen Einsatz auf der Bühne. Rein physisch kann sie sich bei ihrer allabendlichen tour de force auf die Kondition verlassen, die sie sich als sportbegeisterte Jugendliche antrainiert hat. Die Regisseure wissen ihre schlanke Silhouette sowieso zu schätzen. Optisch unvergesslich: Behrens im Ganzkörper-Lederanzug als Brünnhilde in Götz Friedrichs legendärem „Ring“ an der Deutschen Oper.

Angst vor einer Partie kennt Hildegard Behrens nicht, sie singt alles, von Mozart über Janacek und Strauss bis Alban Berg, Beethovens „Fidelio“ natürlich und „Turandot“, aber auch „Tosca“ und die „Freischütz“-Agathe. Noch 1999 hebt sie bei den Salzburger Festspielen Luciano Berios Oper „Cronaca del Luogo“ mit aus der Taufe.

Maria Callas zählt neben Birgit Nilsson zu ihren Vorbildern, wie die Callas stürzt sie sich rückhaltlos in jede neue Rolle: „Meinem Temperament entspricht das Aggressive, ich schone mich nie“, erklärt sie stolz. „Je mehr ich mich in einer Rolle verausgabe, desto mehr Kraft kommt mir nach. Ich bin wie eine Flamme: Die saugt sich beim Brennen auch immer neuen Sauerstoff an.“

Am Dienstag ist die Flamme der Hildegard Behrens nun unerwartet erloschen: In einem Krankenhaus in Tokio ist sie im Alter von 72 Jahren einem Aneurysma erlegen. Am Donnerstag hätte sie eigentlich in Kusatsu nahe der japanischen Hauptstadt auftreten sollen, beim dortigen Sommerfestival. Wegen plötzlichen Unwohlseins aber musste sie eine Klinik aufsuchen, in der sie dann verstarb.

(Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 20.08.2024)
Sie interessieren sich für dieses Thema und wol

http://www.tagesspiegel.de/kultur/buehne/Hildegard-Behrens;art19533,2877598

 

Musik

Karajans hochdramatische Entdeckung [Karajan’s dramatic discovery]

von Klaus Geitel
Donnerstag, 20. August 2009 02:47

Hildegard Behrens, die hochdramatische Sängerin, die mit ihrer schlanken Sing- und Darstellungsintensität die Bühnen der Welt beherrschte, ist, nur 72 Jahre alt, überraschend in Japan gestorben.

Man wird ihre flammende Interpretationslust, ihre Gier nach Selbstaufgabe im Dienst an der Kunst, der Musik und an ihrem Publikum nicht vergessen.
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Deutschland hat immer große Sänger besessen. Dass man hierzulande Hildegard Behrens’ Einzigartigkeit anfangs nicht so deutlich wahrnahm, lag wahrscheinlich an der unseligen Zweiteilung des Landes. Sie legte es der Behrens nahe, ihren Erfolg mit Auftritten in aller Welt zu erkämpfen. Es mangelte überdies nicht an Rivalinnen, Hildegard Behrens besaß offensichtlich nicht einzig Stimme, sondern auch Ellbogen.

Dabei war sie als Sängerin buchstäblich eine Spätstarterin. Aufgewachsen in Varel als jüngstes von sechs Kindern in einer Landarztfamilie, besuchte sie im beschaulichen Oldenburg die Schule, um schließlich in Freiburg im Breisgau zunächst Rechtswissenschaften zu studierten. Gerne wäre sie auch Innenarchitektin geworden, sagte sie später - Hauptsache hinaus in die Welt. Der Weg führte sie schließlich ins Gesangsstudium an der Musikhochschule. 1971 wechselte sie ins Opernstudio der Deutschen Oper am Rhein und wurde bald schon Ensemblemitglied. Und dort am Rhein, während der Proben zu Alban Bergs “Wozzeck”, hat sie 1974 der Dirigent Herbert von Karajan für sich entdeckt. Unter seiner Leitung sang sie in den Siebzigerjahren die Titelpartie in Strauss’ “Salome” bei den Salzburger Festspielen, was international für Furore sorgte. In ihren Glanzrollen von Wagner und Strauss gastierte sie alsbald an der Met, am Covent Garden, der Wiener Staatsoper und in Bayreuth.

Ich habe sie oft und stets mit Bewunderung gehört. Kennen gelernt habe ich sie in New York, wo sie 1976 an der Metropolitan Opera die Georgetta in Puccinis “Il tabarro” sang, nicht gerade eine Partie, um die man sich reißt und auf die man eine stabile Karriere hätte aufbauen können.

Als ich sie ein weiteres Mal traf, war sie schon in Bayreuth eingemeindet, und ich zeichnete voller Gott- und Starvertrauen ein Fernsehinterview mit ihr auf. Ihre Managerin hatte dafür, wie es die Karrieren so mit sich bringen, ein angemessen saftiges Honorar für sie ausgehandelt. Es lief alles sehr freundschaftlich, wenn fernsehtechnisch auch höchst unbefriedigend ab. Behrens war es noch nicht gewohnt, die Kamera ebenso zu beherrschen wie die Bühne. Immer wieder sagte sie auf meine Fragen anerkennend: “Sehr interessant. Da muss ich erst einmal überlegen” und wedelte dabei mit dem Kopf immerfort unaufhörlich von links nach rechts und wieder zurück. Es war unmöglich, einen einzigen Schnitt zu setzen. Es blieb nur die Wahl, den Film ungeschnitten zu senden - oder überhaupt nicht. Er lief dennoch. Behrens war schließlich Behrens. Sie war grandios.

Bevor ich die inzwischen weltberühmte Behrens ein drittes Mal traf, erhielt ich einen anderen weltberühmten Anruf. Karajan war es, der mir gestand, es wäre ihm unerträglich, eine “Salome”-Sängerin von höchster Professionalität mit geringerer Professionalität tanzen zu sehen. Es wäre schon schwierig genug, eine waschechte “Salome”-Interpretin zu finden. Ich solle eine Tänzerin für ihn finden. Und fand sie in Heidrun Schwaarz, die Karajan bestens gefiel. Aber das alles kam für Hildegard Behrens einem Tiefschlag gleich. Sie hat ihn nie vergessen - und nie verziehen. Gegen Karajans Willen aber kam keiner an.

Als Lyrikerin geboren, ebnete sie sich den Weg zu den großen Partien: Sie sang Brünnhilde und Isolde. Sie war Richard Straussens “Elektra”. Sie war die Marie in Alban Bergs “Wozzeck”. Sie starb unzählige Male den Bühnentod und wurde mit Dankbarkeit immer wieder vor dem Vorhang ins Leben zurückgerufen. Damit ist es nun traurigerweise vorbei. Ursprünglich wollte die in Japan hoch geschätzte Sopranistin heute einen Workshop beim Internationalen Musikfestival von Kusatsu leitet. Bereits am Dienstag ist sie in einem Krankenhaus in Tokio an einer Gefäßkrankheit verstorben.

http://www.morgenpost.de/printarchiv/kultur/article1154337/Karajans_hochdramatische_Entdeckung.html

 

Wie eine Flamme [How like a Flame]

Autor: Dieter David Scholz / Redaktion: Elena Singer Nachruf | 19.08.2024

Sie gehörte zu den ganz Großen der Opernszene: Hildegard Behrens. Auf den großen Bühnen der Welt war sie zu Hause. Am Dienstag ist die Sängerin im Alter von 72 Jahren ganz unerwartet in Japan verstorben.

Die Opernwelt trauert um eine der ganz Großen: Hildegard Behrens (als Elektra)
Die Brünnhilde war Hildegard Behrens wie auf den Leib geschrieben. Sie sang sie nicht nur bei den Salzburger Festspielen 1996, auch bei Richard Wagners “Ring der Nibelungen” bei den Bayreuther Festspielen 1983 unter Sir Georg Solti sang sie die Brünnhilde, danach an der New Yorker Met unter James Levine und am Münchner Nationaltheater unter Wolfgang Sawallisch. Aber auch als Wagners “Isolde” und als “Elektra” von Richard Strauss feierte sie Triumphe auf der ganzen Welt, in den 70er und 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts.

“Hildegard, schrei doch nicht so!” – Dieser Satz wurde an der Freiburger Musik­hochschule zum geflügelten Wort. Hier studierte Hildegard Behrens Gesang bei Ines Leuwen. Behrens hatte schon damals eine kräftige Stimme mit leuchtender Höhe. Und sie schonte sich nicht.

Eine perfekte Stimme war ihr nicht in die Wiege gelegt worden und auch ihre berufliche Laufbahn sah zunächst anders aus. Die Arzttochter Behrens studierte erst einmal Jura in Freiburg.

Hildegard Behrens als Kostelnika (AP)Bildunterschrift: Großansicht des Bildes mit der Bildunterschrift: Behrens identifizierte sich mit starken Frauen auf der Opernbühne
1971 wurde Hildegard Behrens am Opernstudio der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf engagiert. Relativ spät, sie war immerhin bereits 34 Jahre alt, sang sie zu­nächst kleinere Partien. Bald aber auch die Agathe in Webers “Freischütz”, die “Figaro”-Gräfin, und die “Fiordiligi” in Mozarts “Cosi fan tutte”. In Zürich gastierte sie bereits als Leonore in Beethovens “Fidelio”, eine Partie, mit der sie später auch an der Met Furore machen sollte. Sie identifizierte sich ein Leben lang vor allem mit den mutigen, starken Frauen auf der Opernbühne: “Das ist bei mir immer ein entscheidendes Kriterium meiner Darstellung gewesen, die Konsequenz, mit der die Frauen sozusagen dem inneren Triebe folgen, wie Leonore singt.”
Karajan engagierte sie vom Fleck weg

Als Hildegard Behrens Mitte der 70er Jahre in Düsseldorf die Marie in Alban Bergs “Wozzeck” sang, hörte Herbert von Karajan ihre Stimme und engagierte sie vom Fleck weg als seine neue “Salomé”, die sie mit ihm in Salzburg sang und auch für die Schallplatte einspielte. Es war der Beginn ihrer Weltkarriere.

Mit der Karajanschen “Salomé” avancierte Hildegard Behrens auf einen Schlag zum internationalen Opernstar, nicht nur ihrer enorm kraftvollen Stimme wegen, sondern vor allem wegen ihrer starken Bühnenpräsenz und ihres schonungslosen Einsatzes. ­Die Kraft komme aus der Verausgabung, der Selbstvergessenheit. “Dann habe ich plötzlich so ein Gefühl, als wenn ich an eine große Orgelpfeife angeschlossen wäre und dann kommt mir die Kraft unentwegt zu. Je mehr ich rausgebe, um so mehr bekomme ich zurück. Ich fühle mich dann wie eine brennende Flamme.”

“Ich fühle mich wie eine brennende Falmme”: Behrens als Kostelnika
Hildegard Behrens war eine hochdramatische Person mit Passion, eine intelligente Sing­schau­spielerin. Mit jeder Phrase, jeder Aus­drucksgeste wußte sie ihr Publikum zu hypnotisieren, auch wenn sie im Eifer der dar­stellerischen Unbedingtheit gelegentlich stimmliche und technische Grenzen über­schritt, und sich regelrecht verbrannte auf der Bühne: Man sah es ihr nach.
Familie und Beruf

“Es muß beides nebeneinander da sein, Zufriedenheit im Beruf und im Privatleben. Ich sehe mein Leben als erfüllt an, als Sängerin und als Mutter, mit Kind und Familie. Das waren von Anfang an die beiden wichtigen Beine, auf denen ich stehe, und ich tanke Kraft vom einen für das andere.” Sie habe sich, sagte sie, nie vom Beruf auffressen lassen.

http://www.dw-world.de/dw/article/0,,4582701,00.html

 

Hildegard Behrens tot: Inkarnation der Singschauspielerin
[Hildegard Behrens dies: Incarnation of the Singing Actress]

19.08.2024 | 18:32 | (“Die Presse”, Print-Ausgabe, 20.08.2024)

Sie war eine Spätberufene. Die Salome unter Herbert von Karajans Leitung hat sie bekannt gemacht.

Das war Ende der 70er und machte Kommentatoren staunen: Wo war diese Frau mit der Prachtstimme und dem hinreißenden Bühnentemperament bisher gewesen? Hildegard Behrens war bereits hoch in den Vierzigern. Dass sie zu einer der gesuchten Hochdramatischen ihrer Generation werden sollte, war ihr nicht an der Wiege gesungen. Im Gegenteil. Als Tochter einer Mediziner-Familie spielte sie zwar Geige, weil es in jenen Kreisen üblich war. Doch für den Brotberuf gab es andere Pläne. Behrens studierte Jus. Ihre Stimme entdeckte sie erst im Lauf des Studiums, weshalb sie in Freiburg eine Zeit lang juridische und musikalische Prüfungen ablegte.

Ideale Salome

1971 gab sie ihr Bühnendebüt. Die üblichen Jugendpartien übersprang sie, sang gleich die Gräfin in Mozarts „Figaro“. Der Erfolg war durchschlagend. Das Talent ließen sich die Intendanten nicht entgehen. Aus Osnabrück führte der Weg der Sängerin an die Deutsche Oper am Rhein und von dort nach München. Da war Karajan bereits aufmerksam geworden. Er suchte seit Jahren eine ideale Interpretin für die Salome. Doch mangelte es an einer Darstellerin, die dramatischen Vokalgestus mit attraktiver Erscheinung zu verbinden wusste. Die Behrens war die ideale Besetzung, das war dem Maestro nach wenigen Minuten Vorsingen klar. Der Rumor drang in die Winkel der Opernwelt. Selten war die Spannung vor einer Salzburger Festspielpremiere derartig hoch: Die Behrens siegte auf ganzer Linie. Ihre Gestaltungskunst triumphierte – ab sofort galt sie als die Inkarnation der Singschauspielerin.

Dirigenten, Regisseure atmeten auf: endlich eine Sopranistin, die allen Ansprüchen des modernen Musiktheaters gerecht werden konnte, und deren Stimme den Anforderungen auch höchst dramatischer Rollen gerecht wurde, ohne an lyrischer, weicher Farbgebung, an tonlicher Rundung zu verlieren. Selbst im Furor des zweiten „Götterdämmerungs“-Aktes blieb die Vokalartistin auf Linienführung bedacht, Wagner-Belcanto war ihr Genre. Darin war sie singulär. Produktionen wie der Wiener „Ring“ zum Einstand der Ära Holender wären ohne sie undenkbar gewesen. Von der „Elektra“ bis zur „Wozzeck“-Marie war Behrens über Jahre die erste Adresse für Intendanten, überall. Dass ihre Karriere Hand in Hand ging mit der Entwicklung der Videoaufzeichnung von Opern, gibt der Nachwelt die Chance, eine unvergleichliche Gestalterin in der ganzen Bandbreite ihrer Kunst würdigen zu können.

Hildegard Behrens starb am Dienstag in einem Krankenhaus in Tokio im Alter von 72 Jahren an einem Aneurysma. sin

http://diepresse.com/home/kultur/news/502932/index.do?from=simarchiv

 

Opernsängerin Hildegard Behrens ist tot

19.08.2024 | 08:12 | (DiePresse.com)

Die deutsche Sopranistin Hildegard Behrens starb im Alter von 72 Jahren an einem Aneurysma. Sie wurde von Herbert von Karajan entdeckt und war als Wagner-Interpretin in aller Welt gefeiert.

Die international renommierte deutsche Sopranistin Hildegard Behrens ist tot. Die berühmte Wagner- und Strauss-Interpretin starb am Dienstag in einem Krankenhaus in Tokio im Alter von 72 an einem Aneurysma, wie eine Sprecherin der “Kanshinetsu Music Society Foundation” am Mittwoch auf Anfrage mitteilte. Die Sängerin war anlässlich des Kusatsu Academy Music Festivals in Japan, so die Sprecherin der Organisation. Behrens habe sich plötzlich nicht wohl gefühlt. Sie starb in einer Klinik in Tokio. Dort erlag sie einem Aneurysma. Die Sopranistin soll angeblich in Wien beigesetzt werden.

Behrens war vor allem als Sängerin der dramatischen Sopranpartien in den Opern von Richard Wagner und Richard Strauss bekannt und trat an den bedeutenden Opernbühnen der Welt auf.

Von Karajan entdeckt

Behrens wurde 1937 als jüngstes von sechs Kindern einer Landarztfamilie in Varel (Niedersachsen) geboren. Wie alle Geschwister lernte sie Klavier und Geige. Nach dem Abitur studierte sie Jus in Freiburg und machte das Erste juristische Staatsexamen. Ihre Karriere als Sängerin begann 1972 beim Ensemble der Düsseldorfer Rheinoper. Nach einigen kleineren Rollen sang sie die Marie in Alban Bergs “Wozzeck”.

Herbert von Karajan hörte sie während einer Probe und bot ihr 1977 sofort die Hauptrolle in Richard Strauss’ “Salome” bei den Salzburger Festspielen an, wo ihre Weltkarriere begann.

Seither standen ihr alle großen Bühnen offen. Die Schwerpunkte ihres breiten Repertoires waren die Opern von Wolfgang Amadeus Mozart, Richard Wagner und Strauss. Vor allem mit ihren Rollen in Wagners Opern feierte sie glänzende internationale Erfolge.

So übernahm sie 1979 in Peter Busses “Walküre”-Inszenierung die Partie der Sieglinde und war in Monte Carlo damit so erfolgreich, dass sie anschließend zu Gastspielen nach Düsseldorf, München und an die New Yorker Met verpflichtet wurde.

Behrens sang unter den bedeutendsten Dirigenten unserer Zeit, darunter Herbert von Karajan, Karl Böhm, Leonard Bernstein, Wolfgang Sawallisch und Lorin Maazel.

Krönung: “Cronaca del Luogo” in Salzburg

Es folgten Auftritte als Musette in “La Boheme”, als Elsa in “Lohengrin” und als Sieglinde in “Walküre”. 1980 begeisterte sie die Kritiker als Isolde in “Tristan und Isolde”, später sang sie “Turandot” und die “Tosca” sowie die Brünnhilde im “Ring des Nibelungen”.

Als Krönung ihrer langen Karriere verstand sie selbst ihre Partie in der Luciano-Berio-Oper “Cronaca del Luogo”, die zur Eröffnung der Salzburger Festspiele 1999 unter Ovationen uraufgeführt worden war. 1998 wurde Behrens mit dem Leonie-Sonning-Musikpreis ausgezeichnet. Im Jahr 2003 erhielt die Sängerin den Prix Herbert von Karajan aus Anerkennung für ihre legendären Darbietungen mit dem großen Maestro.

Im Lauf ihrer Karriere arbeitete sie an Opernhäusern in aller Welt mit Dirigenten wie Karl Böhm, Leonard Bernstein und Lorin Maazel.

In Wien “singt sich’s herrlich”

Behrens, die 1995 zur Kammersängerin der Wiener Staatsoper ernannt wurde, hatte zu Wien eine “riesige Affinität”, sagte sie einmal in einem Interview. “In der Wiener Staatsoper singt’s sich herrlich”, lobte Behrens, sie schätzte die “wunderbare Akustik” und das “sachverständige Publikum” des Hauses am Ring. Hier sang sie zahlreiche Abende und Rollen, u.a. Anfang der 1990er bei der Premiere der Adolf Dresen-Inszenierung von Wagners “Ring des Nibelungen”.

Trauer über den Tod Behrens’ herrschte am Mittwoch in der Wiener Staatsoper, wo die Sopranistin an 82 Abenden zu erleben war.

Behrens auf Ö1
In memoriam Hildegard Behrens ändert das ORF-Radio Ö1 sein Programm: Morgen, Donnerstag, ist die Sendung “Apropos Oper” (ab 15.06 Uhr) der verstorbenen Sängerin gewidmet.

http://diepresse.com/home/kultur/klassik/502806/index.do?from=suche.intern.portal

 

Die beste Leonore aller Zeiten
[The Leonore of All Time]

von Robert Braunmüller
19. Aug 2009, 17:09 Uhr

Dramatisches Feuer: Die Sopranistin Hildegard Behrens verstarb im Alter von 72 Jahren in Tokio

Als Leonore in Beethovens „Fidelio“ loderte ihr Gesang vor Dramatik. Aber fast mehr noch haften ihre Gesten im Gedächtnis – wie ihr vergeblicher Griff zur Pistole, wenn sie am Ende des ersten Akts in Götz Friedrichs Inszenierung von 1978 im Münchner Nationaltheater dem bösen Pizarro allein gegenüber stand.

Damals prangte nicht zu Unrecht ein Bild der legendären, von Wagner gepriesenen Wilhelmine Schröder-Devrient auf dem Vorhang: Sie kann als Leonore nicht besser gewesen sein. Am Dienstag verstarb Hildegard Behrens 72-jährig in einem Krankenhaus in Tokio kurz vor dem Auftritt bei einem japanischen Musikfestival.

Die 1937 im niedersächsichen Varel geborene Sängerin reifte in der Provinz. Herbert von Karajan hörte sie als Marie bei einer „Wozzeck“-Probe in Düsseldorf und bot ihr die Salome an. Mit diesem sensationellen, in einer unvergleichlichen Einspielung der Strauss-Oper nacherlebbaren Auftritt wurde Hildegard Behrens 1977 weltberühmt.

„Ich habe nie daran gedacht, mit meiner Stimme sparsam umzugehen“, sagte sie in einem Interview. Und so glich ihre Karriere einer Kerze, die an beiden Enden brennt. 1981 wagte sie die Isolde in einem konzertanten „Tristan“ unter Leonard Bernstein im Herkulessaal, bald danach die Brünnhilden in Wagners „Ring“ in Bayreuth und München. Wer die Augen schloss, spürte die Überanstrengung. Doch ihre Bühnenpräsenz konnte vokale Mängel durch bedingungslosen Einsatz noch lange in dramatische Intensität ummünzen.

1996 war sie August Everding zuliebe noch einmal Wagners Isolde bei der Wiedereröffnung des Prinzregententheaters. Als Krönung ihrer Karriere verstand Hildegard Behrens ihre Partie in der Oper „Cronaca del luogo“ von Luciano Berio, die zur Eröffnung der Salzburger Festspiele 1999 unter Ovationen uraufgeführt wurde. Die Festspiele beflaggten heute Trauer, unvergessen aber bleibt ihr Münchner „Fidelio“.

Der Mitschnitt der „Fidelio“-Premiere unter Karl Böhm als CD bei Orfeo, Karajans Aufnahme der „Salome“ bei EMI

http://www.abendzeitung.de/kultur/126610

 

Eine Stimme für Dramatisches [A Voice for the Dramatic]

MUSIK
von Horst Hollmann

DIE KÜNSTLERIN STARB 72-JÄHRIG VÖLLIG ÜBERRASCHEND IN DER JAPANISCHEN HAUPTSTADT TOKIO. DIE DEUTSCHE STRAUSS- UND WAGNER-INTERPRETIN HAT SICH INTERNATIONAL EINEN NAMEN GEMACHT.

VAREL/TOKIO - Die letzte Entscheidung einer große Sängerkarriere, zu erkennen, wann auch eine große Stimme nicht mehr trägt, hat ihr der Tod abgenommen. Hildegard Behrens, die aus Varel (Kreis Friesland) stammende Sopranistin von Weltrang, ist am Dienstag in Tokio im Alter von 72 Jahren vor einem Auftritt beim Kusatsu Sommer Musikfestival gestorben.

„Ich bin ein Gegenwartsmensch“, hat Hildegard Behrens stets auf Fragen zu ihren tiefsten Erlebnissen auf den Opernbühnen zwischen Mailänder Scala, New Yorker Met, Covent Garden London oder Bayreuth geantwortet. Mehr noch: „Ich fühle mich wie in einem Rennwagen, es geht immer vorwärts!“ Da war sie schon 70 und pendelte oft noch zwischen ihrem Zuhause im US-Bundesstaat Virginia, den Wohnorten der Tochter in Wien, des Sohnes in München, einer Schwester in Cloppenburg und Auftritten.

Relativ späte Karriere

Auch das älteste Musikfestival in Japan in Kusatsu nahe der Hauptstadt wollte sie wieder mit gewohnter Energie bewältigen. Nach einem plötzlichen Unwohlsein musste sie aber in ein Krankenhaus in Tokio eingeliefert werden. Den Angaben einer Musikfest-Sprecherin zufolge starb sie an einem Aneurysma, einer inneren Blutung.

Hildegard Behrens, geboren am 9. Februar 1937, war das jüngste von sechs Kindern einer Vareler Landarztfamilie. Wie die Geschwister lernte auch sie Klavier und Geige. Nach der Schulzeit in Varel und Oldenburg studierte sie jedoch Jura in Freiburg und schloss mit dem Ersten Staatsexamen ab.

So begann ihre Karriere, kein Unglück für eine Sängerin, relativ spät. Herbert von Karajan entdeckte sie an der Rheinoper in Düsseldorf als Marie bei einer Probe zu Alban Bergs „Wozzeck“. Auf Anhieb machte sie Furore als „Salome“ in der Oper von Richard Strauss 1977 bei den Salzburger Festspielen. Strauss und vor allem Richard Wagner lieferten ihr die großen Rollen, später kamen Janacek und Schostakowitsch hinzu.

Fanatische Gestaltung

Die Besonderheit ihrer Stimme lag in der intensiven Strahlkraft in der Höhe, was sie mit weniger Festigkeit in der Mitte und Tiefe bezahlte. Darin ähnelte die Legende Behrens den Legenden Kathleen Ferrier oder Maria Callas. Ihre fanatische, aber stets durchdachte Rollengestaltung hat sie einmal in den Zusammenhang mit dem Jurastudium gestellt: „Opern sind dramatische Geschichten von zwischenmenschlichen Konflikten, das ist wie bei Gerichtsfällen. Mit der Denkdisziplin, einen Fall von A bis Z gründlich und schlüssig durchzudenken, habe ich meine Rollen psychologisch erarbeitet.“

Zu schätzen wussten das unter anderen Dirigenten wie Leonard Bernstein, Wolfgang Sawallisch, Karl Böhm oder auch Georg Solti und Sängerkollegen wie Luciano Pavarotti oder Placido Domingo. Wer sich in der Fidelio-Aufnahme mit Böhm in ihr „Abscheulicher, wo eilst du hin?“ hineinfallen lässt, behält über ihren Tod hinaus eine Ahnung ihrer musikalischen Größe.

http://www.nwzonline.de/index_aktuelles_kultur_artikel.php?id=2083340

 

Trauer um Weltstar aus Varel [Mourning a World Star in Varel]

NACHRUF Sängerin Hildegard Behrens starb in Tokio – Erfolg an der „Met“
von Hans Begerow

SIE STAMMTE AUS EINER MUSIKALISCHEN FAMILIE. IHRE AUSBILDUNG ZUR SÄNGERIN ABSOLVIERTE SIE ERST NACH DEM JURA-STUDIUM

VAREL - Sie gilt als eine der bedeutendsten Künstlerinnen, die die Region hervorgebracht hat: Im Alter von 72 Jahren ist in Tokio die Sängerin Hildegard Behrens verstorben, die aus Varel stammt. In einem Atemzug wird ihr Name mit den berühmtesten Opernsängerinnen genannt, Hildegard Behrens war selbst ein Star

„Entdeckt“ hat sie Herbert von Karajan 1977 bei einer Probe im Düsseldorfer Opernhaus. Er engagierte Hildegard Behrens für die Salzburger Festspiele, ein Jahr später debütierte sie an der New Yorker Metropolitan Opera

Geboren wurde Hildegard Behrens 1937 in Varel als jüngstes von sechs Geschwistern einer Arztfamilie. Ihre Eltern waren Dr. Karola Behrens (1896 bis 1970) und Dr. Dietrich Behrens (1893 bis 1979). Von den Geschwistern leben indes nur die älteste Schwester Marie-Luise Wichelmann (in Cloppenburg) und ihr Bruder Dr. Dietrich Behrens (80) in Varel. Die Familie ist sehr musikalisch. Auch der verstorbene Bruder Wilhelm Behrens war als Pianist bekannt

Gymnasium In Varel

Hildegard Behrens besuchte das Vareler Gymnasium – übrigens als Klassenkameradin von Renate Buchtmann – und studierte nach dem Abitur Rechtswissenschaften in Freiburg. Dort sang sie auch im Freiburger Bachchor. Erst nach dem Staatsexamen entschloss sie sich, eine Gesangsausbildung zu beginnen. In Düsseldorf erhielt sie ein Engagement an der Opernbühne, wo sie Dirigent Herbert von Karajan entdeckte und 1977 für die Salzburger Festspiele engagierte. Schon ein Jahr später sang die Varelerin in der New Yorker Met – ihr Durchbruch zum Star

Sie hatte zahlreiche Engagements in der ganzen Welt, wo sie mit den berühmtesten Dirigenten wie Karl Böhm, Claudio Abbado und Opernsängern wie Placido Domingo oder Luciano Pavarotti zusammenarbeitete. Und die „New York Times“ rühmte Hildegard Behrens als eine der größten Bühnensängerinnen aller Zeiten. Bekannt war sie für ihre Interpretationen der Isolde oder der Brünnhilde in den Wagner-Opern „Tristan und Isolde“ oder „Ring der Nibelungen“

Kontakt nach Oldenburg

In Varel war sie zuletzt vor vielen Jahren gewesen. In Oldenburg konnte man sie vor fünf Jahren hören, als sie zum 100. Geburtstag der aus Oldenburg stammenden Sängerin Erna Schlüter im Oldenburgischen Staatstheater auftrat. Hildegard Behrens hinterlässt Ehemann Seth Schneidmann, Sohn Philipp und Tochter Sarah. Sie starb in einem Krankenhaus in Tokio, wo sie an einem Musikfestival teilnehmen sollte. Hildegard Behrens soll in Wien bestattet werden.KULTUR S.18

http://www.nwzonline.de/index_aktuelles_artikel.php?id=2083690

 

In Varel geborene Sopranistin Behrens tot [Soprano Behrens, Born in Varel, Dies]

VAREL/TOKIO - Die international renommierte deutsche Sopranistin Hildegard Behrens ist tot. Die in Varel (Landkreis Friesland) geborene Künstlerin starb am Dienstag in einem Krankenhaus in Tokio im Alter von 72 an einem Aneurysma, wie eine Sprecherin der „Kanshinetsu Music Society Foundation“ am Mittwoch mitteilte.

Behrens war vor allem als Sängerin der dramatischen Sopranpartien in den Opern Richard Wagners und Richard Strauss’ bekannt und trat an den bedeutenden Opernbühnen der Welt auf. Sie hatte sich anlässlich des Kusatsu Sommer Musikfestivals in Japan aufgehalten, wie die Sprecherin der Organisation weiter mitteilte. Behrends habe sich plötzlich nicht wohl gefühlt, sagte die Sprecherin. Sie starb in einer Klinik in Tokio.

Als jüngstes von sechs Kindern einer Landarztfamilie am 9. Februar 1937 in Varel geboren wuchs Behrends in einer musikbegeisterten Familie auf. Wie alle Geschwister lernte sie Klavier und Geige. Nach dem Abitur studierte sie Jura in Freiburg und machte das Erste juristische Staatsexamen. Ihre Karriere als Sängerin begann 1972 beim Ensemble der Düsseldorfer Rheinoper.

http://www.nwzonline.de/index_regionalausgaben_artikel.php?id=2083153&

 

Hildegard Behrens gestorben
Wagners zarteste Maid [Wagner’s delicate maid]

von Wolfram Goertz
- zuletzt aktualisiert: 20.08.2024 - 07:57

(RP) Im Alter von 72 Jahren ist die Sopranistin Hildegard Behrens in Tokio an einer Hirnblutung gestorben. Sie war eine der großen Wagner- und Strauss-Sängerinnen des 20. Jahrhunderts. Zehn Jahre sang sie im Ensemble der Rheinoper.

1974 trieb die Neugier den Herrn von Karajan in die Düsseldorfer Rheinoper. Während einer Probe nahm er in einer hinteren Reihe Platz, um auf den Einsatz der Sopranistin zu warten. Kaum hatte er ihre ersten Töne gehört – als Marie in Bergs “Wozzeck” –, stieg er wieder ins Taxi zum Flughafen. Später soll er zu Vertrauten gesagt haben: “Zehn Jahre habe ich auf eine Salome gewartet. Vielleicht habe ich sie gefunden.” Drei Jahre musste die Gefundene auf ihre Mission warten, dann schickte er sie im Sommer 1977 auf die Bühne der Salzburger Festspiele – als Salome. Es war Hildegard Behrens, und es war ein Triumph.

Wir können uns das gut vorstellen, wie die damals 40-Jährige – rank und schlank, künstlerisch immer fiebernd, obgleich bei klarstem Kopf, und von ihren Rollen fast emphatisch emporgehoben – in Salzburg einschlug: eben nicht wie eine in sich ruhende Heroine, die alle Waagen sprengte, sondern wie ein fein-nervöser Blitz, dessen Helligkeit und Leuchtkraft aus ihrem Innersten kamen und alles entzündeten, was sich in der Nähe aufhielt. Jetzt ist die große Künstlerin 72-jährig in Tokio an einer Hirnblutung gestorben, nachdem offenbar ein Aneurysma geplatzt war.

Vielseitig war sie schon als Kind. Sie war das jüngste neben fünf Geschwistern, wuchs im tiefen Niedersachsen auf, die Eltern waren Ärzte. Hildegard wurde, akademisch gesittet, zur Freiheit erzogen, daheim machte man natürlich Musik, doch ein Beruf sollte das einstweilen nicht werden. Zum Studieren ging sie weit weg – nach Freiburg – und belegte Jura (bis zum ersten Staatsexamen). Später sagte sie mal, sie hätte auch Innenarchitektin werden können. Und weil so viel Erlebnishunger in ihr war, sang sie während der Juristerei abends im Freiburger Bachchor, was ihr nicht minder Freude machte, nahm dann auch ein Gesangsstudium an der Freiburger Musikhochschule auf. Dort wagte sie ihren ersten Schritt auf eine Bühne.

Die Fans der Deutschen Oper am Rhein Düsseldorf/Duisburg wissen genau, wie diese allenfalls zart zu nennende Karriere weiterging. Grischa Barfuss holte die aufreizend begabte Sängerin 1971 ins Opernstudio, früh sah und spürte man ihre expressive Kraft. Bühnenpräsenz: Hildegard schien das Wort neu erfunden zu haben. International für Aufsehen sorgte ihre Agathe in Webers “Freischütz”. Dann kam irgendwann der Herr von Karajan und pflückte die Knospe, um sie anderswo aufblühen zu lassen. Trotzdem blieb die Behrens der Rheinoper bis 1981 treu und kehrte auch später immer mal wieder an das Institut zurück, dem sie so viel zu verdanken hatte.

Zwischenzeitlich hatte sie sich in der weiten Welt eingerichtet, Solti engagierte sie 1983 als seine Brünnhilde für Bayreuth – und nicht wenige gab es, die damals doch ein wenig schluckten. War die Behrens denn eine Hochdramatische? Hatte sie die Durchschlagskraft? Nein, die hatte sie nicht, sie war eine durch und durch lyrische Sopranistin, aber sie besaß eine Energie, die ihre Stimme ertüchtigte, selbst über den dicksten Strauss- und Wagnerorchestern wie eine glühende Feder schweben – oder eben wie ein Blitz. Dieses Ansinnen gelang so oft, wenn auch nicht immer, weil Hildegard Behrens keine rustikale Sängerpersönlichkeit war, die sich mit der Stimme als solcher zufrieden gab. Sie wollte Charaktere erkunden, Menschenschicksale erzählen, als Brünnhilde war sie von einer verzehrenden Intensität, die einen nicht nach mancher Anstrengung in der Stimme fragen ließ; sie konnte nicht lauwarm sein, weder an der Rheinoper noch an der Met, geschweige denn in Bayreuth oder Salzburg. Dort waren es immer wieder große vokale Kraftübungen und große Lebensstudien, die sie mit ihrer Isolde, ihrer Elektra, ihrer Leonore, ihrer Kundry aufriss. Manche Kritiker meinten, sie habe eigentlich fortwährend über die Verhältnisse ihrer Stimme gesungen. Andere Fachleute entgegneten diesem schnöden Urteil zu Recht, dass diese Rezensenten wohl nicht in der Lage seien, mit den Augen zu hören.

Hildegard Behrens war klug beraten, dass sie sich irgendwann ihr eigenes Urteil ber den Zustand ihrer Stimme machte. Sie holte tief Luft und wechselte ins Charakterfach. Völlig selbstverständlich übernahm sie etwa die Küsterin in Janáeks “Jenufa”. 1999 hatte sie die weibliche Hauptpartie in Luciano Berios Oper “Cronaca del Luogo” in Salzburg gesungen, die Berio eigens für sie komponiert hatte.

Salzburg war ihr immer hold gewesen. Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler sagte gestern: “Die schwarze Fahne, die heute am Festspielhaus weht, ist ein winziges Zeichen für die große Trauer und Dankbarkeit, die uns erfüllen.”

http://www.rp-online.de/kultur/mehr_kultur/Wagners-zarteste-Maid_aid_747186.html

 

Feuilleton

Opernsängerin Hildegard Behrens
Elektro-Elektra

von Stefan Schickhaus

Hildegard Behrens

Auf dem Künstlerfoto, das man auf den Internetseiten der Bayreuther Festspiele von ihr findet, sieht sie merkwürdig blass aus. Da ist sie eine Brünnhilde in weißem Rüschenkittel, etwas müde und verhärmt dreinblickend. Das soll Hildegard Behrens gewesen sein, 1983 im Solti-Hall-Ring?

Blass - dieses Attribut mag so rein gar nicht in die Welt der Sopranistin Hildegard Behrens passen, die am Dienstag im Alter von 72 Jahren starb. Die 1937 im norddeutschen Varel geborene Opernsängerin war vielmehr der Inbegriff einer geradezu gestaltungswütigen, hoch emotionalen Ausdrucksdarstellerin.

Eine schöne Stimme allein hatte ihr nie genügt. Es gab sicher Sopranistinnen, die mehr natürliche Substanz zu bieten hatten. Aber gab es auch eine, die größeres Aggressionspotenzial in der Rolle der Elektra an den Tag legte, einen derartigen Killerinstinkt als Leonore, eine Salome gab von vergleichbar energetischem Irrsinn?

“Zehn Jahre habe ich auf eine Salome gewartet. Vielleicht habe ich sie gefunden”, so wird Herbert von Karajan zitiert, der als der Entdecker der Behrens gilt und dem sie einen guten Teil ihrer Karriere zu verdanken hatte. Hildegard Behrens probte gerade die Partie der Marie in Bergs “Wozzeck” an der Düsseldorfer Rheinoper, als Karajan sie zum ersten Mal hörte. 1977 setzte sie unter seiner Leitung bei den Salzburger Festspielen neue Maßstäbe in Sachen “Salome” - visionär-abgründiger, aber auch zart-leuchtender hatte zuvor niemand den Kopf des Propheten gefordert.

Diese Salome war eben kein junges, naives Ding mehr. 40 Jahre war Hildegard Behrens da, wie ohnehin nie eine wirklich junge Behrens auf der Bühne zu erleben war. Schließlich hatte sie zuerst Jura studiert und war mit 26 zum Gesang gekommen, mit 34 stand sie erstmals professionell auf einer Opernbühne. Und brachte sofort Reife mit und Reflexion, sie war vom späten Beginn an ein “dramatischer” Sopran, auch wenn sie es nach dem Rollenprofil erst nach und nach wurde.

Dafür blieb sie umso länger, ja bis zuletzt nicht nur im Geschäft, sondern auch auf Niveau. 1996, wieder als Elektra in Salzburg, feierte sie Triumphe - “manchmal schien es sogar, als habe sie einen neuen, bewunderungswürdigen Bereich der Souveränität und der Zartheit hinzugewonnen”, schrieb Joachim Kaiser. 1999 folgte noch ein Höhepunkt ihrer Karriere: Sie eröffnete die Salzburger Festspiele mit der Oper “Cronaca del Luogo”, die Luciano Berio ihr maßgeschneidert hatte.

Am heutigen Donnerstag hätte die 72-Jährige in Japan einen Liederabend geben sollen, mit Musik von Schubert, Mendelssohn und Spohr, daran angeschlossen hätte sich ein Meisterkurs. Sie starb in einer Klink in Tokio an den Folgen eines Aneurysmas, einer Blutgefäßverletzung im Gehirn.

http://www.fr-online.de/in_und_ausland/kultur_und_medien/feuilleton/1889686_Elektro-Elektra.html

 

Eine Hohepriesterin des Gesangs [High Priestess of Song] Die Sopranistin Hildegard Behrens ist tot

In Freiburg begann ihre Karriere: die Sopranistin Hildegard Behrens war eine der großen Sängerinnen der Opernwelt, die mit Karajan und Bernstein, in Bayreuth und New York auftrat. Jetzt ist sie 72-jährig gestorben.

Plötzlich war sie da. Die Karriere der Hildegard Behrens begann kometenartig, und in der Retrospektive lässt sich nur noch schwer sagen, ob es allein die Stimme dieser Sopranistin war oder noch mehr ihre Erscheinung, ihre großartige Bühnenpräsenz, die Publikum und Kritik gleichermaßen für sie vereinnahmten. Vermutlich war es beides.

34 Jahre alt war die aus Varel bei Oldenburg stammende Künstlerin – schon, als sie 1971/72 Mitglied des Opernstudios der Deutschen Oper am Rhein Düsseldorf-Duisburg wurde – in einem Alter also, in dem “andere schon ihre erste Stimmkrise hinter sich haben”, wie der Gesangsexperte Jens Malte Fischer schreibt. Diesen “anderen” freilich hatte die Arzttochter schon ein abgeschlossenes Jurastudium voraus. Und natürlich das eigentliche Gesangsstudium, beide absolviert in Freiburg, Letzteres von 1963–1971 bei Ines Leuwen. Während dieser Zeit war sie auch Mitglied des Bachchors, dem sie auch später als Solistin verbunden blieb, als sie längst Weltstar war – von New York bis Bayreuth.

Der sie dazu machte, war Herbert von Karajan. Er hatte in ihr seine Salome gefunden, und mit Richard Strauss’ Opernvamp startete die Behrens 1977 von Salzburg aus endgültig international durch. Dass es zu Reibungen zwischen dem Maestro und der Sängerin kam – es verwundert wenig. Hier prallten zwei exzentrische Charaktere mit dem unbedingten Willen zum Sieg aufeinander. Man braucht Hildegard Behrens’ Stimme erst einmal nicht zu hören, man muss sich nur ihre Posen, die Kraft ihres Ausdrucks auf Rollenporträts ansehen und wird noch viel von ihrer Wirkung erfahren. Als die “Eleonora Duse des Musiktheaters” hat man sie bezeichnet, als ungewöhnlich intelligente Singdarstellerin. Wie eine schlanke Hohepriesterin des dramatischen Gesangs musste sie einem vorkommen, zumal in einem Stimmfach, das traditionell eher mit anderen Gewichten besetzt ist. Dagegen war ihre Stimme nicht frei von Schärfen, von einer vokalen Schroffheit, die eine gewisse Unnahbarkeit ihrer Persönlichkeit unterstrich. Wie klug sie indes damit umzugehen verstand, zeigt das Beispiel ihres filigran gestalteten, höchst empfindsamen Schlussgesangs aus “Tristan und Isolde” in der Produktion mit Leonard Bernstein.

“Um sie war Gestaltungsmacht”, schrieb der Kritiker Klaus Geitel. Und im Internetportal youtube war wenige Stunden nach ihrem gestrigen Tod in Tokio im Alter von 72 Jahren von einem Verehrer zu lesen: “We will miss your talent, now this amazing, beautiful lady can sing for the angels”. Dem ist nichts hinzuzufügen.

http://www.badische-zeitung.de/theater-2/die-sopranistin-hildegard-behrens-ist-tot-18514966.html

 

Trauer um Hildegard Behrens [Mourning for Hildegard Behrens]

von Sophia Willems
19. August 2009 - 18:24 Uhr

Nachruf: Die weltberühmte Sopranistin starb 72-jährig in Tokio.

Düsseldorf. Die Düsseldorfer Rheinoper war der Ort, von dem aus diese Weltkarriere ihren Lauf nahm. Hier entdeckte der Dirigent Herbert von Karajan sie zufällig, als er sie 1977 bei einer Probe hörte. Und sofort so fasziniert war, dass er Hildegard Behrens die Hauptrolle der Salome in Richard Strauss’ gleichnamiger Oper bei den Salzburger Festspielen anbot. 2002 kehrte sie für zwei „Parsifal“-Aufführungen und ein Galakonzert noch einmal nach Düsseldorf zurück.

In diesen Tagen sollte Hildegard Behrens, einst die weltweit renommierteste dramatische Sopranistin, bei der ältesten Sommer-Musikakademie Japans mitwirken. Doch im Tokioter Krankenhaus starb sie unerwartet, nur 72 Jahre alt. Schuld an ihrem Tod war ein tückisches Aneurysma, eine krankhafte Erweiterung der Schlagader. Seit Mittwoch hat das Salzburger Festspielhaus ihr zu Ehren schwarz geflaggt.

Sie war als jüngstes von sechs Kindern einer Landarztfamilie am 9. Februar 1937 in Niedersachsen zur Welt gekommen. Alle waren begeisterte Musiker; Hildegard erlernte Klavier und Geige. Nach dem Abitur studierte sie zuerst Jura, legte gar das Erste juristische Staatsexamen ab. Dann kam die Ausbildung zur Sopranistin und ihr erstes Engagement.
Kein Stemmen und Wuchten, sondern federleichte Höhen

Aber Behrens’ Zeit als Ensemblemitglied konnte nicht lange währen. In Düsseldorf feierte sie bis 1981 große Erfolge im jugendlich-dramatischen Fach – als Agathe in „Freischütz“, Elisabeth in „Tannhäuser“, „Elsa“ in „Lohengrin“, Kaiserin in „Die Frau ohne Schatten“, Leonore in „Fidelio“ und „Rusalka“ der gleichnamigen Oper von Antonin Dvorák. An allen bedeutenden Opernhäusern der Welt, Hamburger, Berliner und Wiener Staatsoper, Covent Garden und der Metropolitan Opera riss man sich um sie, ebenso bei den Festspielen in Salzburg oder Bayreuth. Ihre Spezialität war der dramatische Sopran in Opern von Mozart, Wagner (Brunnhilde!) und Strauss.

Und das klang anders als sonst, das war federleichter Gesang und lupenrein, wenn sich die Stimme absolut mühelos in höchste Höhen schwang, das war alles andere als Wuchten. Ihre Töne leuchteten, wo man anderen Mühsal anhörte. Behrens hatte in Salzburg 1996 eine „Elektra“ unter Lorin Maazel abgeliefert, die als musikalisches Jahrhundertereignis gilt. „Die Ovationenwerde ich nie vergessen. Alle hatten Gänsehaut“, sagt Festspiel-Präsidentin Helga Rabl-Stadler.

Als Krönung ihrer langen Karriere verstand sie selbst ihre Partie als mysteriöse „R“ in der Uraufführung von Luciano Berios „Cronaca del Luogo“ zur Eröffnung der Festspiele 1999 – welch enorme dramatische Wucht verlieh sie dieser verzweifelten Gestalt! 1998 erhielt sie den Léonie-Sonning-Musikpreis, 2003 den Prix Herbert von Karajan.

http://www.wz-newsline.de/?redid=607623

 

Hildegard Behrens
1937-2009

19. August 2009, 08:01

Die Sopranistin erlag in Tokio einem Aneurysma

Tokio - Der Triumph als Starsopranistin des deutschen Fachs war Hildegard Behrens durchaus nicht an der Wiege gesungen worden. Die Arzttochter studierte die trockene Jurisprudenz in Freiburg im Breisgau, ehe sie untypisch spät ihre Ausbildung zur Sängerin absolvierte.

Es blieb Herbert von Karajan vorbehalten, die nachmalige Wagner- und Strauss-Heroine anlässlich einer Wozzeck-Probe in der Düsseldorfer Rheinoper aufzuspüren, um 1977 befreit ausrufen zu können: “Zehn Jahre habe ich auf eine Salome gewartet. Vielleicht habe ich sie gefunden!”

Behrens war dann auch mehr als ein “Fundstück”: Ihr leuchtendes Debüt bei den Salzburger Festspielen in Salome markierte den Einstieg in eine Opernkultur, deren gestiegene Ansprüche sie souverän zu bedienen wusste.

Behrens’ Wunder waren nicht allein die makellosen Höhen oder das makellose Schillern stimmlichen Golds (mit dem sie verlässlich bezauberte). Ihr wendiger Sopran kam den Anforderungen einer subtilen, psychologisch nuancierten Rollengestaltungskunst ideal entgegen.

Wer bloß auf das “Lyrische” oder das “Kantable” setzt, wird bei ihr noch immer gut bedient. Doch verfehlt derjenige Stimmliebhaber ihren Genius: Die Behrens konnte wie keine andere die Sorgen, Nöte und Desaster solcher Frauengestalten ins Werk setzen, die sich gegen den Wust der Konventionen, gegen die Übermacht der Welt als emanzipierte Wesen triumphal in ihr Recht setzen.

War jemals in den letzten 30 Jahren eine Wagner’sche Isolde geistesgegenwärtiger und klüger als diejenige der Behrens - aufgenommen Mitte der 1980er (und noch auf Vinyl gepresst) während einer konzertanten Tristan-Aufführung Leonard Bernsteins in München?

Die schauspielerisch hochbegabte Sängerdarstellerin arbeitete mit Karl Böhm und Sir Georg Solti. Ganz behutsam übernahm sie die Sopranstafette des deutschen Fachs, ersetzte Vorgängerinnen wie Leonie Rysanek - und war, wie neben ihr sonst vielleicht nur die formidable Gwyneth Jones, der Star eines immer sachlicheren, auf Nachvollziehbarkeit und Einfühlung abgestimmten Singstils.

Die grandioseste Brünhilde der letzten Jahrzehnte, die in späteren Jahren auch die Kundry und die Küsterin gab, unterrichtete zuletzt und sang vor allem konzertant. Vor einem geplanten Liederabend starb sie 72-jährig unerwartet in Tokio an einem Aneurysma. (Ronald Pohl / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.8.2024)

(Anm: Aneurysma = Aufblähung und schließlich Platzen einer Arterie)

http://derstandard.at/1250003785715/Hildegard-Behrens-br1937-2009

 

Nicht Diva, sondern Gestalterin

von unserem Redakteur Dieter Lintz

Sie bescherte vielen Opernfreunden unvergessliche Erlebnisse - auch in Trier. Die Sängerin Hildegard Behrens ist im Alter von 72 Jahren in Tokio an einer Gehirnblutung gestorben. Sie war eine der prägenden Sopranistinnen des 20. Jahrhunderts.

Tokio. Wer sie auf der Bühne erlebt hat, wird sie nicht vergessen. Keine ätherische Sängerin mit purem Wohllaut, dafür eine Darstellerin von Weltrang, die ihre Rollen stets beseelte, ihren Figuren Größe verlieh und ihre vielfältigen sängerischen wie schauspielerischen Mittel kompromisslos zur Gestaltung von Charakteren einsetzte. “Mir gehen Ausdruck und Wahrhaftigkeit über alles”, sagte sie 1998 im TV-Interview.

Sie war die “Elektra”, als die Trierer Antikenfestspiele vor elf Jahren aus der Taufe gehoben wurden. “Sie beherrscht die Szene jede Sekunde, und sei es nur mit dem Zucken eines Augenlids”, hieß es seinerzeit in der Kritik. Kein Zufall, dass man sie in der Theaterwelt ehrfurchtsvoll als “Duse der Oper” titulierte.

Ihre Weltkarriere hatte erst recht spät begonnen, als Herbert von Karajan sie als Vierzigjährige zu seiner Salzburger Salome machte. Die Landarzt-Tochter aus Norddeutschland erlebte einen atemberaubenden Aufstieg. Neben Franz Grundheber war sie eine unvergessliche Marie in Abbados Wiener “Wozzeck”, für Leonard Bernstein sang sie die Isolde, mit Karl Böhm hinterließ sie einen unsterblichen Fidelio.

Da war der Weg zu Wagners Ring-Heroinnen nicht mehr weit. Wobei Behrens das Pech hatte, dass ihre beiden großen Nibelungen-Produktionen 1990 in New York (Regie: Otto Schenk) und 1984 in Bayreuth (Regie: Peter Hall) szenisch weit hinter dem zurückblieben, was sie hätte leisten können.
Große Gefühle statt künstlicher Stilisierung

Die schweren Wagner-Partien führten die studierte Juristin aber auch an die Grenzen ihrer Stimme. Behrens war keine dramatische Sopranistin mit unerschöpflichen Kraftreserven, sie erzielte ihre Wirkung durch gezielte Effekte. “Passion vor Stil”, überschrieb das “Große Sängerlexikon” das ihr gewidmete Kapitel. Das sei ihr “lieber als die blankgeputzte, polierte Art” vieler Aufnahmen, lautete ihre Erwiderung.

Dieses Prinzip galt auch für ihr Repertoire. Immer wieder setzte sie sich für zeitgenössische Komponisten und Werke jenseits des Mainstream ein. Kein Zufall, dass sie die Salzburger Uraufführung von Luciano Berios Oper “Cronaca del luogo” im Jahr 1999 als Höhepunkt ihrer Karriere empfand.

In den letzten Jahren war es bis auf einige große “Altersrollen” und regelmäßige Liederabende etwas ruhiger um die Sängerin geworden. Der plötzliche Tod traf sie am Vorabend eines geplanten Konzertes beim Kusatsu-Sommermusikfestival in Japan.

In Trier war sie zuletzt im Jahr 2000 zu hören, bei einem Benefizkonzert für die Antikenfestspiele, wo sie noch einmal in unnachahmlicher Weise den Abgesang der Brünnhilde aus der “Götterdämmerung” interpretierte. Eine Sängerin, die nie Diva sein wollte, sondern Menschen-Gestalterin.

http://www.volksfreund.de/nachrichten/kultur/regionalkultur/Kultur-in-der-Region-Tokio;art764,2177668

 

Star-Sopranistin Hildegard Behrens ist tot

19.08.2024

Sie war eine der renommiertesten deutschen Sopranistinnen und trat auf den bedeutenden Bühnen der Welt auf: Die Sängerin Hildegard Behrens erlangte in den Opern von Wagner und Strauss Weltruhm. Jetzt ist sie mit 72 Jahren in Tokio verstorben.

Tokio/Hamburg - Hildegard Behrens wurde als Sängerin in den Opern Richard Strauss’ und Richard Wagners berühmt und trat weltweit unter der Leitung einiger der wichtigsten Dirigenten auf - darunter Herbert von Karajan, Karl Böhm und Leonard Bernstein.

Sopranistin Behrens als R in Berios “Cronaca del Luogo”: Sängerin von Weltrang
Am Dienstag verstarb Behrens in einem Krankenhaus in Tokio, teilte eine Sprecherin der “Kanshinetsu Music Society Foundation” am Mittwoch mit. Sie starb an einem Aneurysma, dem Riss eines Blutgefäßes im Gehirn.

Sie hatte sich anlässlich des “Kusatsu Sommer Musikfestivals” in Japan aufgehalten, sagte die Sprecherin der Organisation weiterhin. Behrens sollte in dem Ort Kusatsu nahe der japanischen Hauptstadt am Donnerstag auftreten. Weil sie sich unwohl fühlte, suchte sie ein Krankenhaus auf, so die Sprecherin.

Behrens’ Weltkarriere begann 1977, als Herbert von Karajan sie während einer Probe hörte - und ihr umgehend die Hauptrolle in Richard Strauss’ “Salome” bei den Salzburger Festspielen anbot.

Zuvor hatte Behrens 1976 die Giorgetta in Giacomo Puccinis Oper “Il Tabarro” an der “New Yorker Metropolitan Opera” gesungen.

Als Brünnhilde und mit Berio erfolgreich

Vor allem mit ihren Rollen in Wagners Opern feierte sie große internationale Erfolge. So zum Beispiel mit ihrer Sieglinde in Peter Busses “Walküre”-Inszenierung von 1979 in Monte Carlo, mit der Behrens so erfolgreich war, dass sie anschließend zu Gastspielen in Düsseldorf, München und an der New Yorker Met verpflichtet wurde.

1983 bis 1985 feierte Behrens weitere große Erfolge bei den Bayreuther Festspielen als Brünnhilde im Ring des Nibelungen.

Als Krönung ihrer langen Karriere soll sie selbst ihre Partie der “R” in der Luciano-Berio-Oper “Cronaca del Luogo” verstanden haben, die zur Eröffnung der Salzburger Festspiele 1999 uraufgeführt worden war - und unter Ovationen gefeiert wurde. Berio hatte die Rolle extra für Behrens geschrieben und komponiert.

Während ihrer Karriere wurde Behrens mehrfach ausgezeichnet. 1998 erhielt sie den Léonie-Sonning-Musikpreis, 2003 den Prix Herbert von Karajan als Anerkennung für ihre legendären Auftritte mit dem großen Dirigenten.

http://www.spiegel.de/kultur/musik/0,1518,643641,00.html

 

Trauer um eine leidenschaftliche Opernsängerin
[Grief for a passionate opera singer]

von unserer Mitarbeiterin Waltraud Brunst

Nachruf: Zum Tod der weltweit gefeierten deutschen Sopranistin Hildegard Behrens, die bei einer Japantournee im Alter von 72 Jahren in Tokio verstorben ist

Die große Wagner-Heroine Hildegard Behrens ist tot. Sie starb, wie gestern bekannt wurde, am Dienstag, 72-jährig, während einer Konzerttournee in Tokio. Gestern sollte die Sängerin im Rahmen des Musikfestivals Kusatsu einen Liederabend geben, an den sich ein Meisterkurs angeschlossen hätte - ein rascher, plötzlicher Tod (Diagnose: Aneurysma) mitten aus dem Leben heraus, wie ihn sich eine so leidenschaftliche Künstlerin vielleicht gewünscht hat.

 

Hildegard Behrens ist tot

von Laszlo Molnar

Hildegard Behrens als Salome bei den Salzburger Festspielen 1977. Bild: SF
Eine der bedeutendsten deutschen Sängerinnen, Hildegard Behrens, ist tot. Die dramatische Sopranistin starb 72-jährig in der Nacht auf Mittwoch (unserer Zeit) in einem Krankenhaus in Tokio.

(Tokio, Wien, 19. August 2009) Behrens erlag vermutlich einem Aneurysma, einem Riss der Hauptschlagader. Die Sängerin hielt sich in Tokio auf, um dort an einem Musikfestival teilzunehmen.

Die Karriere der 1937 geborenen Sängerin begann, als sie 1977 von Herbert von Karajan entdeckt und sogleich als “Salome” für die Salzburger Festspiele verpflichtet wurde. “Zehn Jahre habe ich auf eine Salome gewartet. Vielleicht habe ich sie jetzt gefunden” soll Karajan gesagt haben, als er die schon 40-jährige Behrens bei einer Probe von Bergs “Wozzeck” in der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf hörte. Aus dieser Entdeckung wurde eine der bekanntesten deutschen Sängerinnen, die sich besonders in den großen dramatischen Rollen von Strauss und Wagner profilierte. Elektra und Isolde galten als ihre Schlüsselpartien. Legendär wurde ihre Mitwirkung als Isolde in der konzertanten Aufführung von “Tristan und Isolde” unter Leonard Bernstein in München.

Behrens begann ihre Sängerinnenlaufbahn als Spätberufene. Die aus einer Medizinerfamilie im niedersächsischen Varel stammende Künstlerin studierte zunächst Jura, ehe sie sich mit 30 Jahren an die Gesangsausbildung machte. Sie absolvierte das Opernstudio in Düsseldorf und sang dann als Elevin und in Nebenrollen. Ihre Entdeckung durch Karajan führte zu einer Sensation bei den Salzburger Festspielen und machte sie zum Weltstar.

Mit einer Vorliebe für kritisch-intellektuelle Rollengestaltung widmete sie sich auch dem Repertoire des 20. Jahrhunderts. So prägte sie mit ihren Interpretationen die Titelfigur Katarina Ismailowa aus Schostakowitschs Lady Macbeth von Mzensk und der Jenufa aus Leos Janaceks gleichnamiger Oper. 1999 wurden die Salzburger Festspiele mit Luciano Berios Oper “Cronaca del Luogo” eröffnet, die der Komponist ihr gewidmet hatte.

Nach dieser Zeit begann Hildegard Behrens zu unterrichten und verstärkte ihre Konzerttätigkeit. Beim Kusatsu-Musikfestival in Tokio hätte sie einen Liederabend geben und anschließend einen Meisterkurs abhalten sollen. Behrens soll in Wien beigesetzt werden.

http://www.klassikinfo.de/2009-Todesfall-Hildegard-Behre.834.0.html

 

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